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Sanierung Schloß Piesdorf – Eine lange Geburt

Mittwoch, 29. Januar 2014

Es war eine derjenigen seltenen Verkettungen von glücklichen Zufällen, die unserem Leben eine so entscheidende Wendung verschaffen können. Irgendwann im naßkalten Winter des Jahres 2002 saß ich mal wieder in einem Seminar in der Propstei Johannisberg, dem “Deutschen Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege”, um mir bergeweise Vorträge über statische Berechnungen und Berechnungsmethoden an alten Bauwerken einflößen zu lassen. Was andere Leute an Bier brauchen, das brauche ich an Bildung. Auch eine Form von Suchtverhalten. Obwohl ein gelegentliches Bier mir aber auch mal schmeckt.
Plötzlich, wir hatten gerade einen Vortrag aus dem Hause von Professor Haberland (Kassel) klingelte mein Handy und ich stürzte panisch zur Tür hinaus; ärgerlich darüber, mal wieder die Stummschaltung vergessen zu haben.
Es meldete sich eine ausländische Stimme, ein gewisser Herr Giancarlo M. aus Braunschweig. Es war ein kurzes Gespräch: Er suche in der Gegend von Belleben einen Bauingenieur und ob wir demnächst mal miteinander reden könnten. Er würde sich dann melden. Was er auch wenige Tage später auch wirklich tat. Er wolle das Schloß Piesdorf kaufen und bräuchte meinen Rat.
So begann es.
Der Herr Giancarlo M. kaufte das Schloß, das gerade erst vor wenigen Tagen an eine Berliner Immobilienfirma verschleudert worden war. Wir begannen sofort mit der Arbeit. Und das in zwei Richtungen. Einmal ging es darum, das Gebäude vor Vandalismus und Verwahrlosung zu schützen und dazu nach Außen sichtbar einen Fortschritt zu dokumentieren. Zum anderen müssen, und das insbesondere bei der Sanierung von Baudenkmalen, alle Arbeiten vom Bauordnungsamt und der Denkmalsbehörde genehmigt sein. Also hieß das, schnellstmöglich das Gebäude (immerhin 1.800 m² Wohnfläche) aufmessen, Zeichnungen fertigen, Konzepte schreiben, und so weiter und so fort.
Inzwischen arbeite ich seit 12 Jahren, von 2002 bis heute (2014) an diesem Objekt und wurde damit sogar zweimal in der
Mitteldeutschen Zeitung erwähnt.
Wieso eigentlich, so frage ich mich manchmal rückblickend, konnte so ein, eigentlich nicht besonders großer Auftrag, mein weiteres Leben derart positiv beeinflussen? Nun, dafür gibt es wohl mehrere Gründe. Erstens ist damit eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit verbunden. Nicht zu vergessen: Im Bauwesen und somit auch in der Bauplanung hatten wir damals, beginnend etwa 1997 und bis etwa 2005 andauernd, eine ziemliche Depression durchzustehen. Die Regierung Kohl hatte nach der Wiedervereinigung durch ihre ungeschickte Steuergesetzgebung einen Bauboom ausgelöst und diesen dann 1996 sehr abrupt gestoppt. Die Bauwirtschaft hatte lange daran zu knabbern.
Zweitens, und das ist wichtig, war der Auftrag nicht so groß, als das er mich voll gefordert hätte. Daraus ergab sich die Möglichkeit, von einer relativ gesicherten finanziellen Position nach neuen und lukrativen Aufträgen Ausschau zu halten. Ich war nicht mehr gezwungen jedem Auftrag um jeden (Honorar-)Preis hinterher zulaufen um mich dann unter Wert zu verkaufen. In den Honorarverhandlungen konnte ich jetzt doch recht selbstbewußt auftreten. Das machte sich entsprechend auch positiv in meiner Steuererklärung bemerkbar.
Drittens, aber am Wichtigsten, bewirkt so ein Auftrag doch eine deutliche Steigerung des Selbstwertgefühls und des Vertrauens in die eigene Leistungsfähigkeit.
Und so sah das “Kindchen” mal vor 150 Jahren aus und so ist es auch wieder geworden.
Übrigens ist Piesdorf schon immer ein idyllisches Dörfchen gewesen, wie dieses zur gleichen Zeit entstandene Gemälde zeigt. Es bietet einen Blick auf das alte Piesdorf, aus Richtung Osten von Strenznaundorf her. Links der Friedhof, rechts auf dem Berg das Grundstück Meyer. In Bildmitte das Türmchen (der Dachreiter) der alten Dorfkirche. Dahinter etwas rechts die Dachlandschaft des alten Schlosses Piesdorf vor dem Umbau in den 1860iger Jahren.
Piesdorf ist auch heute ein sehr beliebter Wohnort. Vor allem auch unter jungen Leuten.