Abwasser Belleben – Unsere Meinung damals, 15. November 2004

Hier nun nachfolgend ein weiterer Brief von mir an die Zeitung. Es ist leider genauso gekommen, wie es zu befürchten war. Aber egal: Hauptsache der AZV darf großzügig bemessene Gebühren kassieren. Die Kosten für die ständigen Wartungsarbeiten werden ja sowieso auf uns Zwangs-Gebührenzahler umgelegt.

Hier nun der Originaltext von damals:

Sehr geehrter Herr Steinborn,
vielen Dank für Gelegenheit, über das Abwasserproblem in Belleben öffentlich in der Mitteldeutschen Zeitung diskutieren zu dürfen.
Vielen Dank auch an Herrn Schulze, für die sachliche Antwort auf meinen Leserbrief.
Was mir in der Argumentation von Herrn Schulze fehlt, ist eine vorurteilsfreie und nachvollziehbare Abwägung der wirtschaftlichen und ökologischen Vor- und Nachteile der beiden Lösungsansätze zentrale oder dezentrale Abwasserentsorgung.
Einen kleinen Hinweis auf seine private Meinung hat uns Herr Schulze in der Gemeinderatssitzung vom 26. Oktober bereits gegeben, indem er öffentlich zugab: ?Die Abwasser von Belleben kann man notfalls auch mit dem Wassereimer wegtragen.? (!!!).
Viel deutlicher konnte er die Sinnlosigkeit einer mehr als 12 Kilometer langen Druckleitung mit Unterquerung der Saale gar nicht ausdrücken. Es würde sicher Niemand mit einem Tieflader zur Kaufhalle fahren, nur um von dort eine Kiste Bananen abzuholen.

Aber auch unter ökologischen Aspekten macht der Anschluß an die Kläranlage Könnern wenig Sinn. Auf Grund meiner eigenen beruflichen Erfahrungen, nach Gesprächen mit den beteiligten Ingenieurbüros und nach Recherchen im Internet ist mir bekannt, dass Kläranlagen des in Könnern gebauten Typs erst bei einem Anschlußwert von 40.000 Einwohnern so richtig funktionieren können. Außerdem müssen die eingeleiteten Abwässer möglichst frisch sein, damit die Bakterienkulturen der biologischen Reinigungsstufe nicht verhungern.
In Könnern sind allerdings derzeit weit weniger als 8.000 Einwohner angeschlossen. Außerdem, wegen der langen Transportleitungen aus Alsleben, Beesenlaublingen und Rothenburg, sind die von dort zufließenden Abwässer schon derart durch Fäulnisbakterien zersetzt, dass das biologische System nicht optimal arbeiten kann. Dieses Problem hat meines Erachtens auch die Kläranlage Bernburg; denn dort musste noch eine Schilfkläranlage mit Schönungsteichen gebaut werden. Ein deutlicher Hinweis darauf, dass trotz aufwändiger Sanierung auch die Bernburger Anlage nicht richtig arbeitet.

Meines Erachtens handelt der Abwasserverband sehr kurzsichtig, wenn die Gemeinden Belleben, Strenznaundorf und Nelben zwangszweise an die zentrale Kläranlage Könnern angeschlossen werden. Auch unter Berücksichtigung der in Aussicht gestellten Fördermittel. Es fließt dann zwar kurzfristig frisches Geld in die Kassen; gleichzeitig steigen aber die Betriebskosten an, weil zum Beispiel die neuen Rohrnetze und Pumpstationen wegen der geringen Auslastung ständig von Verkrustungen freigespült und gereinigt werden müssen.

Wenn die Wirtschaftlichkeit einer Investition zu untersuchen ist, sollte man immer auch fragen: Wirtschaftlich für wen?
Es soll auch Autoverkäufer geben, die einem arbeitslosem Familienvater einen teuren Luxuswagen aufschwatzen, obwohl der das Auto eigentlich nur zum Einkaufen braucht. Für das Autohaus und die Bank ist das sicher ein lohnendes Geschäft, die Familie ist dann jedoch höchstwahrscheinlich pleite.

Für uns stellt sich das ähnlich dar. Es gibt im Baustoffhandel sehr viele behördlich zugelassene Systeme, die die häuslichen Abwässer zuverlässig reinigen. Zu weitaus geringeren Kosten als die zentralen Kläranlagen dies können. Weil eben die teuren Kanalnetze und deren Unterhalt entfallen. Es muß eben nur der Wille vorhanden sein, eine Lösung für den Bürger zu erarbeiten, nicht gegen ihn.

Mit freundlichen Grüßen!
Volker Lange, Belleben

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